Vergewaltigung ist definiert als strafbarer sexueller Übergriff, der mit dem Eindringen in den Körper verbunden ist. Häufigste Variante hierfür ist der Beischlaf. Vergewaltigung ist in § 177 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 StGB geregelt und wird im Regelfall mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe bestraft. In Deutschland gibt es pro Jahr um 11.000 erfasste Fälle von Vergewaltigung.
Es muss zu qualifizierten sexuelle Handlungen kommen, beispielsweise Oralverkehr oder Analverkehr. Der Täter muss den Beischlaf vollziehen oder ähnliche sexuelle Handlungen vornehmen, die das Opfer besonders erniedrigen. Auch Einführen des Fingers in die Scheide kann für die Tatbestandsverwirklichung ausreichen. Dasselbe gilt für das Einführen von Gegenständen. Es kommt nicht darauf an, ob in den Körper des Opfers oder den des Täters bzw. eines Dritten eingedrungen wird. Auch der passive Verkehr kann tatbestandsmäßig sein, beispielsweise das Einführen des Penis des Opfers in den Mund des Täters. Es ist keine eigenhändige Begehung mehr erforderlich. Es genügt, wenn ein Mittäter den Beischlaf mit dem Opfer vollzieht.
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Vergewaltigung ist ein besonders schwerer Fall des sexuellen Übergriffs und der sexuellen Nötigung in § 177 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB. Wenn diese Delikte mit Eindringen in den Körper verbunden sind, liegt das Regelbeispiel der Vergewaltigung vor.
Voraussetzung ist zunächst ein sexueller Übergriff bzw. eine sexuelle Nötigung.
§ 177 Abs. 1 StGB: Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Der sexuelle Übergriff nach § 177 Abs. 1 StGB umfasst fünf Varianten der Tathandlung:
Der Täter muss gegen den erkennbar entgegenstehenden Willen handeln. Der entgegenstehende Wille muss aus Sicht eines objektiven Dritten als solcher erkennbar sein. Auf welche Weise die dafür erforderliche Willensäußerung erfolgt, ist unerheblich: Das Opfer kann seinen Willen ausdrücklich verbal oder gestisch kundtun, oder konkludent zum Ausdruck bringen (z.B. Weinen, Abwehrverhalten).
§ 177 Abs. 2 StGV erfasst dieselben Handlungen wie der sexuelle Übergriff in Konstellationen, in denen der entgegenstehende Wille nicht iSv Abs. 1 erkennbar ist, aber dem Opfer die Äußerung seines Willens entweder nicht zumutbar oder nicht möglich ist. Anders als in Abs. 1 muss der Sexualakt hier nicht dem inneren Willen des Opfers widersprechen, sofern die Bildung eines entgegenstehenden Willens aufgrund der Umstände oder der Konstitution des Opfers diesem nicht möglich ist.
Der Tatbestand ist erfüllt, wenn
1. der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2. der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3. der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4. der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5. der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
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Der Tatbestand der Vergewaltigung ist erfüllt, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen am Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind.
Das ist möglich durch beispielsweise:
Ein Handeln des Angeklagten gegen den erkennbaren Willen der Geschädigten ist auch insoweit nicht eindeutig festgestellt und hinreichend belegt. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts sagte die Geschädigte nichts, als der Angeklagte den Oralverkehr verlangte und vollzog; auch lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen, dass die Geschädigte durch ihr sonstiges Verhalten erkennen ließ, dass sie mit dem Oralverkehr als solchem nicht einverstanden war. Allein aus dem Schreien der Geschädigten ergibt sich ein dem Oralverkehr entgegenstehender Wille der Geschädigten schon deshalb nicht, weil die Geschädigte gerade nicht mit dem einsetzenden Oralverkehr zu schreien begann, sondern erst auf die erneuten Bisse des Angeklagten. Auch aus dem Vorgeschehen in der Nacht lässt sich nicht zweifelsfrei auf einen dem erneuten Oralverkehr entgegenstehenden Willen der Geschädigten schließen, weil insoweit ein gerade dem Geschlechtsverkehr erkennbar entgegenstehender Wille der Geschädigten nicht festgestellt ist. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus dem von der Geschädigten nach dem Tatgeschehen gemäß Fall 2.1 der Urteilsgründe in der Nacht geäußerten Verlangen, dass der Angeklagte sie nach Hause fahre. Denn die Geschädigte begnügte sich mit der Ankündigung des Angeklagten, er werde sie am nächsten Tag nach Hause fahren, und schlief in der Folge auf der Couch des Angeklagten ein. Auch insoweit lässt sich nicht ausschließen, dass – wie das Landgericht selbst ausführt (UA S. 12 f.) – die Geschädigte mit dem Oralverkehr einverstanden war und sich ihr entgegenstehender Wille (nur) auf die Gewalthandlungen des Angeklagten (Schläge und Bisse) bezog.
BGH Beschl. v. 4.12.2018 – 1 StR 546/18, BeckRS 2018, 38157 Rn. 13 Mehr lesen
Schon die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen tragen nicht die Schlussfolgerung des Landgerichts, dem Angeklagten sei aufgrund der Gegenwehr und den zurückweisenden Äußerungen der Geschädigten klargewesen, dass diese keinen Geschlechtsverkehr jeglicher Art mehr gewollt habe. Zweifel daran, dass der Angeklagte erkannte und billigend in Kauf nahm, dass die Geschädigte mit dem Geschlechtsverkehr als solchem nach den Schlägen und Bissen nicht mehr einverstanden war, sind bereits deshalb gerechtfertigt, weil die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen keine eindeutige Willensäußerung der Geschädigten in diesem Sinne erkennen lassen, und die Geschädigte, nachdem sie den Angeklagten bereits nach dem ersten Oralverkehr und den ihr in diesem Zusammenhang zugefügten Schlägen aufgefordert hatte aufzuhören, sogar noch der Durchführung von Analverkehr zustimmte.
BGH Beschl. v. 4.12.2018 – 1 StR 546/18, BeckRS 2018, 38157 Rn. 11 Mehr lesen
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Die Mindeststrafe beträgt bei Vergewaltigung mindestens zwei Jahre. Im Falle der Qualifikation des § 177 Abs. 7 StGB Mindeststrafe drei Jahre. Bei Absatz 8 Mindeststrafe fünf Jahre. Darüber hinaus sieht § 178 StGB für den Fall des erfolgsqualifizierten Delikts der Vergewaltigung mit Todesfolge eine Freiheitsstrafe von zehn bis fünfzehn Jahren oder lebenslange Freiheitsstrafe vor.
Der Strafrahmen für die Vergewaltigung beträgt zwei bis fünfzehn Jahre.
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Die Strafverteidigung beim Vorwurf der Vergewaltigung ist besonders herausfordernd aber auch überdurchschnittlich oft erfolgreich. Das liegt daran, dass leider nicht selten Vorwürfe erfunden sind.
Das größte Verteidigungspotential bietet die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation. Bei der Vergewaltigung steht meist Aussage gegen Aussage. Das führt aber nicht automatisch zu einem Freispruch. Aussage gegen Aussage bedeutet nicht automatisch im Zweifel für den Angeklagten. Das Gericht muss die belastende Aussage besonders kritisch würdigen und den Wahrheitsgehalt abwägen.
Es gibt in Deutschland pro Jahr um 11.000 erfasste Fälle vollendeter Vergewaltigung pro Jahr. 2023 waren es 10.741 erfasste Fälle vollendeter Vergewaltigung und 979 Fälle des Versuchs. Dabei handelt es sich jeweils um § 177 Abs. 6, 7, 8 StGB.
Die Verjährungsfrist beträgt in der Regel 20 Jahre. Das ist dann der Fall, wenn – wie häufig – einer der Tatbestände der vorgenannten Absätze verwirklicht ist. Da die Vergewaltigung jedoch grundsätzlich nur ein besonders schwerer Fall eines sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB ist, beträgt die Verjährungsfrist grundsätzlich fünf Jahre.
Der Lauf der Verjährungsfrist für Vergewaltigung beginnt wie bei vielen anderen Sexualstraftaten gemäß § 78b StGB erst ab der Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers, bei älteren Opfern mit Beendigung der Tat.
Die Verjährung ruht jedoch nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Vergewaltigung.
„Die Verjährungsfrist für die Tat beträgt nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB trotz Änderungen des § 177 StGB zwanzig Jahre; denn die Nötigung einer anderen Person mit Gewalt dazu, sexuelle Handlungen des Täters an sich zu dulden, ist sowohl nach dem zur Tatzeit geltenden § 177 Abs. 1 StGB als auch nach dem seit dem 10. November 2016 geltenden § 177 Abs. 5 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr und mithin gemäß § 38 Abs. 2 StGB im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren bedroht (vgl. zur Heranziehung der im Einzelfall günstigsten Regelung BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11 Rn. 18 mwN).“
(BGH Beschl. v. 7.4.2020 – 3 StR 90/20, BeckRS 2020, 8986 Rn. 5, beck-online)
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