§ 184b StGB stellt Besitz, Verbreitung und Erwerb kinderpornografischer Inhalte unter Strafe.
Die Strafe bei § 184b StGB beträgt im Grundtatbestand sechs Monate bis zu zehn Jahre. Der Tatbestand kommt in der Praxis sehr häufig vor, insbesondere in Form weitergeleiteter WhatsApp-Sticker, Bildern und GIFs. Diese Nachrichten in WhatsApp Gruppen sind zwar auf dem Übertragungsweg sicher Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Wenn ein Handy eines Mitglieds einer größeren WhatsApp-Gruppe jedoch von der Polizei beschlagnahmt wird, führt das häufig zu Ermittlungsverfahren wegen.
Der Tatbestand von § 184b StGB umfasst folgende Taten:
1. Verbreiten (Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1)
2. Öffentliches Zugänglichmachen (Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2)
3. Unternehmen des Zugänglichmachens oder Drittbesitzverschaffens (Abs. 1 S. 1 Nr. 2)
4. Herstellen (Abs. 1 S. 1 Nr. 3)
5. Vorbereitungshandlungen in Verbreitungsabsicht (Abs. 1 S. 1 Nr. 4)
6. Gewerbs- und bandenmäßiges Verbreiten (Abs. 2)
7. Abrufen oder Besitzverschaffen (Abs. 3 Alt. 1 und 2)
8. Besitz (Abs. 3 Alt. 2)
Diese Taten müssen sich jeweils auf kinderpornografische Inhalte beziehen.
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§ 184b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB definiert, was kinderpornografische Inhalte sind: Es gibt zwei Voraussetzungen. Der Inhalt (§ 11 Abs. 3 StGB) muss pornografisch sein und eine der in § 184b StGB (dort Nr. 1 Buchst. a–c) genannten Inhalte zum Gegenstand haben. Diese Inhalte sind: Sexuelle Handlungen (Nr. 1 a), aufreizend geschlechtsbetonte Körperhaltungen (Nr. 1 b) und unbekleidete Genitalien oder Gesäß (Nr. 1 c).
Es genügt, dass die dargestellte Handlung eine Straftat darstellt und überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt. „Vergröbernd-reißerische Darstellung“ ist nicht erforderlich (BGH NJW 2014, 1829).
Schon nach dem Maßstab des Konsumentenschutzes bedarf es bei der Darstellung sexueller Handlungen von, an und vor Kindern keines vergröbernd-reißerischen Charakters. Denn deren Degradierung zum Objekt fremder sexueller Begierde ergibt sich allein daraus, dass ihnen eine selbstbestimmte Mitwirkung an sexuellen Handlungen per se nicht möglich ist (zur Unwirksamkeit einer Einwilligung des Kindes in sexuelle Handlungen vgl. LK-StGB/Hörnle, § 176 Rn. 4 mwN; MüKoStGB/Renzikowski, § 176 Rn. 2 mwN; SK-StGB/Wolters, 135. Lfg., § 176 Rn. 2; Fischer, § 176 Rn. 2).
BGH NJW 2014, 1829 Rn. 58 BGH, Urteil vom 11.2.2014 1 StR 485/13
Als kinderpornographische Inhalte kommen sogar Darstellungen in Betracht, in denen der sexuelle Missbrauch von Kindern nur mit Worten beschrieben wird, auch wenn es sich nur um rein fiktive Darstellungen handelt (BGH NStZ-RR 2020, 313).
Die Inhalte nach § 184b StGB müssen ein Kind oder ein „Scheinkind“ zum Gegenstand haben. Kinder sind Personen, die tatsächlich unter 14 Jahre alt sind. Das gilt auch dann, wenn der Täter davon ausgeht, der Betrachter werde die Person nicht mehr als Kind ansehen. Liegt das tatsächliche Alter unter 14 Jahren, so kommt es nicht mehr auf das optische Erscheinungsbild und die Ansehung Dritter an.
Ist die Person tatsächlich älter als 14 Jahre, ist darauf abzustellen, ob sie auf einen objektiven Betrachter noch wie ein Kind wirkt. Das tatsächliche Alter ist dann nicht entscheident. Es ist ohne Bedeutung, ob sich das Alter feststellen lässt oder nicht. Das gilt sogar, wenn die Inhalte die Altersangabe „Abgebildete Personen sind über 18“ enthalten. Damit soll verhindert werden, dass Hersteller der Inhalte durch einfache Behauptung der Volljährigkeit die Strafe nach § 184b StGB ausschließen können.
Deutet der Dateiname oder Link auf kindliches oder jugendliches Alter der Abgebildeten hin, kann das im Rahmen der Würdigung vor Gericht als Indiz gewertet werden, dass es sich bei der betreffenden Person tatsächlich um ein Kind oder einen Jugendlichen handelt.
Es kommt darauf an, ob einem objektiven, gewissenhaft urteilenden Betrachter der Eindruck vermittelt wird, die gezeigte Person sei ein Kind oder Jugendlicher.
Auch fiktive Darstellungen von Kindern fallen unter den Tatbestand von § 184b StGB. Die fiktive Darstellung muss jedoch wirklichkeitsnah sein (außer Tathandlungen nach Abs. 1 S. 1 Nr. 1: sexuelle Handlungen, unbekleidete Darstellung in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung und sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes). Wirklichkeitsnah sind Darstellungen, die sich einem durchschnittlichen Betrachter anhand des äußeren Erscheinungsbildes als tatsächliche Abbildungen eines Kindes darstellen. Dagegen stellen erkennbar künstliche Produkte wie Zeichnungen, Zeichentrickfilme und Comics, aber auch rein wörtliche Darstellungen (etwa verbale Schilderungen, die über das Telefon zugänglich gemacht werden) und rein textliche Inhalte kein wirklichkeitsnahes Geschehen dar (BGH NStZ 2013, 642 (643)). Solche Inhalte können § 184b StGB ausschließlich über Abs. 1 S. 1 Nr. 1 unterfallen. Gem. § 184b Abs. 1 S. 2 ist die Strafandrohung für fiktive Darstellungen herabgesetzt. Fiktive Darstellung wird also weniger hart bestraft.
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Besitz im Sinne von § 184b StGB ist die tatsächliche Verfügungsmacht. Das ist der Fall, wenn die Inhalte sich im Herrschaftsbereich der Person befinden.
Der Besitz elektronischer Dateien ist jedenfalls bei ihrer Speicherung auf Datenträgern gegeben. Dazu zählt auch die Speicherung auf der Festplatte.
Wichtig: Auch die Speicherung im Cachespeicher genügt. Aber: Ein Fortbestehen von Dateien an Speicherorten, die dem durchschnittlichen Computerbesitzer nicht mehr ohne Weiteres zugänglich sind (Browser-Cache) begründet keinen Besitz im Sinne von § 184b StGB.
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Wer kinderpornografische Inhalte abruft oder versucht, sich Besitz davon zu verschaffen, macht sich nach § 184b StGB strafbar. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 6 ist schon der Versuch strafbar. Abrufen liegt vor, wenn der Nutzer die Übertragung der Daten durch Telemedien veranlasst und sich dadurch die Möglichkeit der Kenntnisnahme von ihrem Inhalt verschafft. Im Internet ist das der Fall, wenn die kinderpornografischen Dateien auf eigenen Datenträgern gespeichert werden.
Es kann schon genügen, wenn der Täter ein Kind zur Fertigung von kinderpornografischen Bildern von sich selbst zu überreden versucht. Der Tatbestand ist auch durch eigenhändiges Anfertigen entsprechender Fotoaufnahmen erfüllt (BGH NStZ 2018, 90).
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Wegen Verbreitung macht sich strafbar ist wer sie ihrer Substanz nach – und damit körperlich (Ausnahme Internet) – einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten Personenkreis zugänglich macht, indem er sie „auf den Weg bringt“. Bei den Empfängern muss es sich um einen für den Täter nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis handeln; das kann auch eine geschlossene Gruppe sein (BGH NJW 1959, 2125; NStZ 2017, 405; AG Frankfurt a. M. BeckRS 2022, 1600: 75 WhatsApp-Kontaktpersonen ausreichend).
Es reicht aber nicht aus, die Inhalte an eine oder mehrere bestimmte Personen weiterzugeben.
Kinderpornografische Schriften verbreitet, wer sie ihrer Substanz nach einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten Personenkreis zugänglich macht, indem er sie ‚auf den Weg bringt‘. Die Weitergabe an eine oder mehrere bestimmte Personen genügt hingegen nicht (vgl. BeckOK StGB/Ziegler, 46. Edition 2020, StGB § 184b Rn. 9 mwN). Da die Angeklagte in allen Fällen nur dem Mitangeklagten H. den Besitz an den von ihr gefertigten Aufnahmen verschafft hat und sich aus den Urteilsgründen auch nicht ergibt, dass sie mit der Weitergabe an einen nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis rechnete, hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend die Tathandlungsvarianten … der Drittbesitzverschaffung kinderpornografischer Schriften gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 … StGB als erfüllt angesehen (UA S. 37)…ʺ
BGH Beschl. v. 14.10.2020 – 1 StR 234/20 Mehr lesen
Weitergabe im Sinne von § 184b StGB erfolgt heutzutage fast ausschließlich über das Internet. Wer auf seinem Rechner den Client einer Tauschbörse installiert hat, der den Zugriff Dritter auf die kinderpornografischen Dateien ermöglicht, macht sich ebenso wegen Weitergabe strafbar.
Bei der Verbreitung kinderpornographischer Schriften mittels Tauschbörse im Internet begründet das Installieren des Programms, das Dritten den Zugriff auf die hochgeladenen Dateien möglich macht, eine einzige dem Angeklagten zuzurechnende Tathandlung. Die einzelnen Zugriffe der Teilnehmer an der Tauschbörse sind nicht als tatmehrheitlich begangene Einzeltaten zu werten.
BGH Beschl. v. 11.4.2013 – 2 StR 401/12 Mehr lesen
Ein Verbreiten im Internet liegt vor, wenn die Datei auf dem Rechner des Internetnutzers (auch Arbeitsspeicher!) ist und so zumindest einen Lesezugriff ermöglicht (BGH NStZ-RR 2014, 47). Dabei ist es unerheblich, ob der Empfänger die Möglichkeit des Zugriffs auf die Daten genutzt und die Dateien heruntergeladen hat oder ob Upload stattgefunden hat. Ein Upload in die Cloud, auf die nur der Nutzer selbst Zugriff hat (google drive) ist nicht ausreichend.
BGH, Beschl. v. 12. 11. 2013 – 3 StR 322/13 (LG Krefeld)
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Grundfrage der Strafverteidigung bei § 184b StGB ist immer, ob überhaupt nachweisbar ist, dass Beschuldigte die Tathandlung ausgeführt haben. § 184b StGB ist eine Tat, die zum größten Teil über das Internet verübt wird. Es ist immer fraglich, ob die Zuordnung über IP-Adresse, Handynummer, WhatsApp oder z.B. Instagram-Account überhaupt nachvollziehbar und sicher möglich ist.
Der Anwalt für Sexualstrafrecht muss in Fällen von § 184b StGB immer prüfen, ob überhaupt nachgewiesen ist, dass die Personen in den Inhalten überhaupt unter 18 oder unter 14 Jahre alt ist bzw. es sich überhaupt um „Scheinkinder“ handelt.
Generell gilt zur Altersbestimmung von Darstellern pornographischer Inhalte beziehungsweise zur Abgrenzung jugendpornographischer Inhalte von kinderpornographischen Inhalten Folgendes:
Ist das kindliche Alter der in einem Video oder auf einem Bild erkennbaren Person – etwa aufgrund ihrer Identifizierung – bekannt, kommt es für die rechtliche Einordnung eines Inhalts als kinderpornographisch allein auf das tatsächliche Alter an. Mithin ist immer § 184b StGB einschlägig, wenn die bei einem realen Geschehen gezeigte Person tatsächlich ein Kind ist, auch wenn sie älter aussehen sollte (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 – 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55, 61; Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 184b Rn. 18; Matt/Renzikowski/Eschelbach, StGB, 2. Aufl., § 184b Rn. 9; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 184b Rn. 12; MüKoStGB/Hörnle, 4. Aufl., § 184b Rn. 12; LK/Nestler, StGB, 13. Aufl., § 184b Rn. 8; BeckOK StGB/Ziegler, 59. Ed., § 184b Rn. 8).
In Fällen nicht identifizierter abgebildeter Personen bedarf es einer Altersbestimmung oder zumindest Alterseingrenzung aufgrund einer Gesamtwürdigung aller sich aus dem Inhalt selbst und dessen Bezeichnung ergebender Umstände, namentlich der körperlichen Entwicklung, des Aussehens, der Gestik und Mimik, der Stimme, der Äußerungen und des Verhaltens des Abgebildeten, aber auch weiterer Faktoren wie der Räumlichkeit, in der die Aufnahme gefertigt wurde, Bekleidungsstücke (etwa Kinderbekleidung), sichtbarer weiterer Gegenstände (etwa Kinderspielzeug) sowie textlicher oder sprachlicher Altersangaben in dem Inhalt oder dessen Bezeichnung (Dateiname). Dabei ist zwar primär das auf diese Weise beweiswürdigend festgestellte oder zumindest eingegrenzte Alter der Person maßgeblich. Es genügt aber für eine Einordnung eines Inhalts als kinderbeziehungsweise jugendpornographisch, wenn ein objektiver, gewissenhaft urteilender Betrachter aufgrund einer Gesamtwürdigung des Inhalts und dessen Bezeichnung den Eindruck erlangt, dass die gezeigte Person ein Kind oder Jugendlicher ist. Dann ist das tatsächliche Alter irrelevant („Scheinkinder“ oder „Scheinjugendliche“) beziehungsweise ohne Bedeutung, ob sich dieses feststellen lässt oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 – 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55, 60 ff.; Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 184b Rn. 18, § 184c Rn. 9 f.; Matt/Renzikowski/Eschelbach, StGB, 2. Aufl., § 184b Rn. 10 ff., § 184c Rn. 11 f.; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 184b Rn. 13; MüKoStGB/Hörnle, 4. Aufl., § 184b Rn. 13, § 184c Rn. 11 f.; LK/Nestler, StGB, 13. Aufl., § 184b Rn. 8, § 184c Rn. 9 f.; NK-StGB/Papathanasiou, 6. Aufl., § 184b Rn. 14, § 184c Rn. 6; BeckOK StGB/Ziegler, 59. Ed., § 184b Rn. 8, § 184c Rn. 8; s. auch BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2008 – 2 BvR 2369/08 u.a., MMR 2009, 178).
Altersangaben zu nicht identifizierten abgebildeten Personen in den betreffenden Aufnahmen oder in Dateinamen, die eine Volljährigkeit oder zumindest Jugendlichkeit des Darstellers behaupten, stehen der gesamtwürdigenden Annahme einer jüngeren Altersstufe nicht entgegen, denn ansonsten hätte es der Hersteller oder Verbreiter des Inhalts in der Hand, durch einfache unwahre Behauptungen eine Anwendbarkeit der §§ 184b, 184c StGB zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 – 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55, 60).
Demgegenüber kann Angaben in einer Videoaufnahme oder einer Dateibezeichnung, die ein kindliches oder jugendliches Alter des Abgebildeten behaupten, im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung Indizwert dahin zukommen, dass es sich bei der betreffenden Person tatsächlich um ein Kind oder einen Jugendlichen handelt. Auch kann eine solche Angabe in der Gesamtschau mit dem Aufnahmeinhalt geeignet sein, einem objektiven, gewissenhaft urteilenden Betrachter den Eindruck zu vermitteln, die gezeigte Person sei ein Kind oder Jugendlicher, was für die Qualifikation eines Inhalts als kinder- oder jugendpornographisch ausreicht.
BGH Urt. v. 14.12.2023 – 3 StR 183/23, BeckRS 2023, 41878 Rn. 14-18, beck-online § 184b StGB
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