Was ist das UN-Kaufrecht?
Das UN-Kaufrecht ist ein völkerrechtlicher Vertrag über das Recht, das beim internationalen Kauf von Waren zur Anwendung kommt.
Mag auch das Konstrukt der Vereinten Nationen den Meisten ziemlich abstrakt und alltagsfern erscheinen, so bildet die globale Institution doch mit zahlreichen Verträgen eine wichtige Basis für das Funktionieren des Welthandels. Einer dieser Verträge, das sogenannte UN-Kaufrecht (englisch: CISG), regelt die Rechtsverhältnisse bei einem internationalen Kauf einer beweglichen Sache. Dabei sind Käufer und Verkäufer Angehörige verschiedener Staaten. Daraus folgt oft eben, dass sich zwei oder mehr Rechtsordnungen gegenüberstehen und somit im Zweifel das UN-Kaufrecht anwendbar ist. Das UN-Kaufrecht ist Teil des internationalen Wirtschaftsrechts.
Welche Pflichten hat der Verkäufer nach UN-Kaufrecht?
Das UN-Recht regelt alle Rechte und Pflichten bei einem Kaufvertrag. Eine zentrale Pflicht des Verkäufers ist es dabei die Sache mangelfrei zu übergeben. Die bedungene Sache soll keine Rechts- oder Sachmängel aufweisen. Rechtsmängel betreffen das Recht an einer Sache. Zum Beispiel liegt ein Rechtsmangel vor, wenn Ansprüche Dritter an der Sache bestehen oder wenn der Verkäufer selbst nicht Eigentümer der verkauften Sache war. Sachmängel hingegen sind gegeben, wenn die Sache nicht in der besprochenen Art, Qualität oder Menge übergeben wird.
Ist die Ware nach einer Untersuchung dennoch nicht frei von Mängeln und hat der Käufer dies binnen geeigneter Frist (meist 1-2 Wochen) beim Verkäufer gerügt, kann er innerhalb von 2 Jahren Gewährleistung in Anspruch nehmen. „Die kurze Frist für die Untersuchung richtet sich insbesondere nach der Größe des Unternehmens des Käufers, der Art der zu untersuchenden Ware, ihrer Komplexität oder Verderblichkeit oder dem Charakter als Saisonware, die Art der in Frage kommenden Menge, die Aufwendigkeit der Untersuchung.“ (2Ob191/98x; 1Ob223/99x; u.a. Rechtssatz des Obersten Gerichtshof Österreich). Wie die Gewährleistung im UN-Kaufrecht ferner aussieht, wird im Folgenden kurz behandelt.
Allgemein gibt es – wie auch in zahlreichen nationale Rechtsordnungen – im internationalen Wirtschaftsrecht vier Möglichkeiten der Gewährleistung nach UN Kaufrecht:
Nacherfüllung im UN-Kaufrecht
Primär kann der durch eine wesentliche Vertragsverletzung benachteiligte Käufer auf eine Nacherfüllung durch den Verkäufer binnen einer angemessenen Frist vertrauen bzw. diese von diesem fordern. Die Nacherfüllung kann darin bestehen, dass er ihm eine gleiche Ware übergibt oder falls es wirtschaftlich zumutbar ist, die bereits übergebene Sache repariert und diese in den ordentlichen Zustand versetzt. Wirtschaftlich zumutbar ist die Reparatur dann, wenn die Kosten für die Reparatur nicht in deutlichem Ungleichgewicht zur Wert der Sache stehen.
Diese Nacherfüllung muss allerdings nicht immer vom Käufer verlangt werden, sondern kann auch auf die Initiative des Verkäufers zurückzuführen sein. Für diese Nacherfüllung seitens Verkäufer gelten jedoch auch einige Zumutbarkeits- und Annehmlichkeitsvoraussetzungen: Dem Käufer muss es zumutbar sein, innerhalb der Frist für die Nacherfüllung ohne die Ware auszukommen. Die Nacherfüllung darf dem Käufer keine Unannehmlichkeiten bereiten und muss möglich sein. Die Beratung durch einen Anwalt für internationales Wirtschaftsrecht ist oft empfehlenswert.
Rücktritt im UN-Kaufrecht
Ein weiteres Mittel der Gewährleistung ist der Rücktritt vom Vertrag, mit dem alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag erlöschen, damit wird die Sache zurückgegeben und der Kaufpreis zurückerstattet, womit allerdings noch Schadenersatzansprüche bestehen können (siehe unten). Diesen Rücktritt kann der Käufer erst dann als Variante der Gewährleistung auswählen, wenn der Verkäufer nicht während der vereinbarten Nachfrist den Mangel behoben hat oder wenn sich der Mangel generell nicht beheben lässt. Beispielsweise entschied der österreichische Oberste Gerichtshof aufgrund des UN-Kaufrechts in einem Fall, dass eine Wertminderung von ca. 35% an einem hochpreisigen Kunstwerk keiner Nachbesserung verlangt, sondern sofort zu einem Rücktritt berechtigt. Bei solchen Gegenständen sei die Mangelfreiheit grundsätzlich von zentraler Bedeutung. Schon bei kleinen Mängeln wäre kein Interesse zum Vertragsschluss gegeben (vgl. 3Ob194/15y durch OGH am 16.12.2015).
Minderung im UN-Kaufrecht
Als letzte Möglichkeit, die sich dem Käufer bietet, um seinen Anspruch auf Richtigstellung durchzusetzen zu können, ist die Minderung des Kaufpreises. Diese kommt nur in Frage, wenn weder eine Nacherfüllung in Frage kommt noch eine Nachfrist gesetzt wurde, in der sich der Käufer bereit erklären würde eine Nacherfüllung zu akzeptieren. Der geminderte Preis ist dann im selben Verhältnis zu errechnen, wie der Mangelwert am Wert der geschuldeten Ware ausmacht. Nur selten kann diese Minderung krass ausfallen, wie folgender Auszug einer Entscheidung des OGH 3Ob193/04k zeigt:
In rechtlicher Hinsicht führte das (vorher entscheidende) Bundesgericht aus, die – dem Käufer von Anfang an bekannte (Art 40 UN-K) – Mangelhaftigkeit der Ware rechtfertige eine Preisminderung. Die dort angeordnete relative Berechnungsmethode führe bei Wertlosigkeit der gelieferten Ware zu einer Minderung des Preises auf null. Das UN-Kaufrecht beschränke die Preisminderung nicht auf unwesentliche oder behebbare Mängel. Eine wesentliche Vertragsverletzung könne schon bei an sich geringfügigen Mängeln bzw Verzögerungen vorliegen, die jedoch für eine der Parteien – vom Vertrag gedeckt – von grundlegender Bedeutung waren. Die Wertminderung knüpfe demgegenüber am objektiven Wert der Ware an. Die Minderung auf null sei daher – anders als eine Vertragsaufhebung – nur in Extremfällen möglich.
Schadensersatz im UN-Kaufrecht
Abschließend besteht unabhängig dieser Gewährleistungsansprüche der Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens. Er kann auf verschiedene Arten berechnet werden.
Primär wird der entstandene Schaden, der durch die Vertragsverletzung – in Form der mangelhaften Sache – entstanden ist, durch den realisierten Verlust zuzüglich des entgangenen Gewinns berechnet. Auch kann nach Rücktritt vom Vertrag der Schadensersatz so gewählt werden, dass er die Differenz zwischen dem Wert der geschuldeten mangelfreien Sache und dem Deckungskauf darstellt. Der Deckungskauf ist der Erwerb einer gleichen Ware, die demselben Zweck, wie die vorher erworbene Sache, dient und ihn erfüllt. Unabhängig davon ob ein solcher Deckungskauf wirklich getätigt wird, kann auch die Differenz des ehemaligen Kaufpreises zum ortsüblichen Marktwert als Schadensersatz gefordert werden.
Die Gewährleistungs- und Schadenersatzrechte des UN-Kaufrechts sind stark an unser nationales Zivilrecht angelehnt. Auch in Hinblick darauf, dass es keine eigene UN-Gerichtsbarkeit für Zivilsachen gibt und diese Rechte demnach von nationalen Gerichten judiziert werden, können für die oben gewählten Beispiele innerstaatliche Rechtssprechung verwendet werden. Der früher generell praktizierte grundsätzliche Ausschluss des UN-Kaufrechts in AGB und Verträgen ist nicht immer sinnvoll. Das UN-Kaufrecht bietet auch viele Vorteile im internationalen Wirtschaftsrecht.