Messerangriff von Mannheim – Mord oder Totschlag?

Ist der tödliche Angriff auf den Polizisten in Mannheim Mord?

Der Mord nach § 211 StGB ist eine besonders schwere Form des Tötungsdelikts. Mord ist die vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen unter verwirklichung eines Mordmerkmals. § 211 StGB definiert Mord und benennt die Merkmale, die eine Tötung als Mord qualifizieren.
Während der Totschlag (§ 212 StGB) bereits durch die vorsätzliche Tötung erfüllt ist, sind für den Mord zusätzliche Merkmale erforderlich, die den Tötungsakt besonders verwerflich machen.

Mord § 211 StGB

Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

Man unterscheidet die Mordmerkmale in drei Gruppen:

  1. Verwerflichkeit des Beweggrundes: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, sonstige niedrige Beweggründe
  2. Besondere Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der Begehunsweise: Heimtücke, Grausamkeit, gemeingefährliche Mittel
  3. Verwerflichkeit des deliktischen Zieles: Ermöglichungsabsicht, Verdeckungsabsicht

Zur Diskussion stehen beim Messerangriff von Mannheim:

  • Mordlust
  • Sonst aus niedrigen Beweggründen
  • Heimtücke
  • Um eine andere Straftat zu ermöglichen
  • Um eine andere Straftat zu verdecken

Mordlust:

Tötung „aus einer unnatürlichen Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens“; Hier tötet der Angreifer den Polizisten nachdem das ursprüngliche Ziel Stürzenberger nicht mehr zu erreichen ist. Es wurde praktisch wahllos getötet. Willkürliche Austauschbarkeit des Opfers, Tötung eines „Ersatzopfers“ kann(!) auf Mordlust hindeuten. Vollständige Abwesenheit eines Motivs reicht aber gerade nicht für Mordlust aus. Auf Mordlust deutet hier wenig hin.

Sonstige niedere Beweggründe

Tötung aus Motiven, die nach allgemeiner sittlicher Anschauung verachtenswert sind und auf tiefster Stufe stehen. In Bezug auf Stürzenberger handelt es sich um einen Anschlag auf einen politischen Gegner. Die Tötung des Polizisten erfolgt aber zunächst grundlos, niedere Beweggründe sind hier nicht zu erkennen. Auch für niedere Beweggründe reicht grundlose Tötung nicht aus.

Heimtücke

Hier wird es interessant. Heimtückisch tötet, wer die Arglosigkeit und die infolge der Arglosigkeit bestehende Wehrlosigkeit des Angegriffenen bewusst zu dessen Tötung ausnutzt.
Ausgangssituation ist, dass die Person in der blauen Jacke auf den Täter losgeht. Der Polizist reißt den Mann in der blauen Jacke vom Täter weg. Er beschützt also eigenhändig den Täter, weil er davon ausgeht, der Mann in der blauen Jacke sei der Angreifer. Nachdem der Täter nicht weiter angegangen wird, versucht der Polizist den Mann in der blauen Jacke am Boden zu fixieren. Der Täter steht dahinter. Der Polizist sieht sich kurz zum Täter um, hält ihn aber offensichtlich für eines der Opfer und dreht ihm dann wieder den Rücken zu. Er geht offensichtlich davon aus, die Situation unter Kontrolle und den einzigen Täter fixiert zu haben.
Er ist wehrlos, weil er nicht mehr mit einem (tödlichen) Angriff rechnet. Dass genau das vermeintliche Opfer ihm dann von hinten in den Hals sticht, sehe ich als Ausnutzen der durch Arglosigkeit geschaffenen Wehrlosigkeit, damit Heimtücke.

Ermöglichen einer anderen Straftat

Möglicherweise tötet der Täter den Polizisten, um ihn auszuschalten und ungehindert weiter angreifen/töten zu können.

Verdecken einer anderen Straftat:

Für Verdeckungsabsicht spricht meiner Ansicht nach nichts.

Was droht dem Täter

Im Falle einer Verurteilung wegen Mordes gibt es grundsätzlich nur eine Rechtsfolge: § 211 I StGB – Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

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Konstantin Grubwinkler
Konstantin Grubwinkler zählt zu den bekanntesten Strafverteidigern Deutschlands. Er ist renommierter Fachanwalt für Strafrecht und bundesweit gefragter Spezialist für Betäubungsmittelstrafrecht und Konsumcannabisgesetz.

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